Ensemble Laude Novella

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Helikon CD - HCD-1031: Ce moys de may - Der schöne Monat Mai

Als Bewohner eines nördlich gelegenen Landes findet man es geradezu überraschend, dass auch die Menschen im Mittelmeerraum die Ankunft des Frühlings und des Monats Mai so heiß ersehnen wie wir selber. Wenn wir uns warm eingepackt und dennoch frierend am Walpurgisfeuer treffen, um den Winter zu verabschieden, meinen wir, es sei schon Hochsommer in Rom, Avignon oder Barcelona.

Seit dem Mittelalter, seit den okzitanischen Troubadouren im 12. Jahrhundert, ist jedoch auch in Südeuropa der Monat Mai als echter Frühlingsmonat gefeiert und besungen worden, und das soll die Musikauswahl auf dieser CD illustrieren: Lieder und Instrumentalmusik aus dem späten 14. und frühen 15. Jahrhundert. (Guillaume Legrant ist der einzige Komponist in unserer Auswahl, der den April als den adäquaten Monat zum Blumenpflücken vorschlägt, doch wahrscheinlich nur, um kommende Maifeierlichkeiten vorzubereiten…)

Die Jahrzehnte um die Jahrhundertwende 1400, in denen solch eine Menge polyphoner Mailieder entstanden, waren eine wirklich stürmische Periode in der Geschichte Europas, ob man sie als "unglücksbringend", "fatalistisch und morbide" (Barbara Tuchman in ihrem Bestseller "Der ferne Spiegel") oder als "kulturelle Erntezeit" und kurz danach im 15.Jh. als "Herbst des Mittelalters" (Johan Huizinga) bezeichnet.

In dieser Zeit des hundertjährigen Krieges und des Schismas der Päpste waren die politisch wichtigen Persönlichkeiten im südlichen Europa berühmte, extravagante und rücksichtslose Feudalherren wie Gaston Phoebus von Foy, Jean von Berry, Giangaleazzo Visconti und die Könige von Aragonien, Navarra und Zypern. Sie alle waren bedeutende Musik-Mäzenaten wie auch die Gegenpäpste in ihrem mächtigen Palast in Avignon, von Petrarca herablassend "Babylon" genannt.

Alle diese Herren waren auf dem Gebiet der Musik und der Poesie geschult und erfahren, doch im Gegensatz zu ihren okzitanischen Vorgängern im 12. Jahrhundert komponierten sie nicht selber, sondern verpflichteten dafür auserwählte professionelle Komponisten. Der Chronist Froissart berichtet, daß Gaston Phoebus gern 'seine Kleriker singen und harmonisieren ließ, sowohl rondeaux und virelais. Er verbrachte oftmals ungefähr zwei Stunden zu Tisch, und er hatte viel Vergnügen an seltsamen intermezzi, und nachdem er sich daran erfreut hatte, ließ er dieselben an den Tischen der Ritter und Kavaliere wiederholen.' Johan, der König von Aragonien, legte seinen Botschaftern nahe, nicht nur "six bons xantres" (sechs gute Sänger) zum Dienst in seiner Kapelle zu senden, sondern sich auch zu versichern, dass diese 'die komplette und vollständige Musik für die Messe bei sich führten und ein Buch mit vielen motets, rondeauz, ballades und virelais.'

Die führenden Sänger und Komponisten der Generation nach Guillaume de Machaut scheinen in Anbetracht ihres extrem komplexen und manieristischen Musikstils perfekt in dieses romantische Bild zu passen. Von der Nachwelt wurde er ars subtilior genannt: der subtile Stil, der die Grenzen der expressiven und rhythmischen Erfindungen der Ars Nova des 14. Jahrhunderts überschreitet.

Einige der Stücke auf dieser CD fallen mit ihren langen und unregelmäßigen melodischen Linien, chromatischen Harmonien und widerspenstigen Taktarten in die Kategorie der ars subtilior. Als Kontrast dazu finden sich auf unserer CD einige von der Konstruktion her anspruchslosere Mailieder, die sich durch große Virtuosität auszeichnen und in denen auf realistische Weise der Frühling mit Hilfe von Imitationen von Nachtigall, Kuckuck und Lerche beschrieben wird. Dieses Repertoire hat vermutlich mehr Beziehungen zu bürgerlichen Kreisen in Paris und den nördlichen burgundischen Gebieten als zu dem zentralen "manieristischen" Milieu der päpstlichen Residenz in Avignon. Vielleicht kann man die realistischen Szenen in den berühmten Monats-Illuminationen "tres riches heures", von den Gebrüdern Limbourg für Jean von Berry gefertigt, als bildliche Parallelen dazu auffassen.

Der Grund sowohl für den komplexen ars subtilior- Stil und die realistischen Mailieder war schon zu Anfang des Jahrhunderts von Philippe de Vitry gelegt worden, der in seinem Traktat Ars nova (die Neue Kunst) neue Möglichkeiten zum Notieren von Rhythmen einführte und damit neue Voraussetzungen schuf. Die andere stilbildende Gestalt war Guillaume de Machaut, völlig dominierend auf dem Gebiet des spätmittelalterlichen polyphonen weltlichen Liedes, das auf die traditionellen Tanzformen rondeau, virelai und ballade zurückgeht.

Fortsetzung

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Blockflöte, Fiedel, Posaune, Percussion:
Quan ye voy
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60 Kb
Gesang, Fiedel, Posaune, Percussion:
Or avant
320 Kb
68 Kb
Fiedel, Percussion:
Cominciamento di gioia
340 Kb
70 Kb
Gesang, Fiedel, Posaune:
De toutes fleurs
380 Kb
80 Kb
Harfe, Fiedel, Posaune:
En ce gracïeux tamps
360 Kb
80 Kb
Blockflöte, Rebec:
Belicha
400 Kb
84 Kb
Gesang, Fiedel, Posaune :
Ce moys de may
310 Kb
70 Kb

Gesang, Fiedel, Posaune, Percussion:
Amor potest

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UTE GOEDECKE Gesang, Blockflöten, Gotische Harfe
PER MATTSSON Mittelalterliche Fiedel, Rebec
STEFAN WIKSTRÖM Posaune
JOHAN FOLKER Percussion

 

Aufgenommen in der Kirche in Stokkemarke, Lolland, Dänemark, 24.-26. August 1997
Produzent und Aufnahmetechniker: Jesper Jørgensen
Foto: Torbjörn Lindén (Farbfoto), Jesper Jørgensen (schwarz-weiß)
Layout: Jesper Jørgensen
Übersetzung: Måns Tegnér & Oliver Hirsch
Titelbild: aus Dyalogus Creaturarum Moralizatus, Stockholm 1483


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